Die umfassende Sanierung und Neunutzung des denkmalgeschützten Internatsgebäudes der ehemaligen jüdischen Samsonschule am Leopold-Zunz-Platz 1 / Neuer Weg 51 in Wolfenbüttel schreitet sichtbar voran. Die Stiftung Zukunftsfonds Asse unterstützt nun das Projekt mit knapp 100.000 Euro für die Gestaltung der Ausstellung und des neuen Emil Berliner Saals als Gedenk- und Begegnungsort, der der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die Eröffnung für den Ausstellungsbereich ist für November 2025 geplant.
Auf Initiative der Moses Mendelssohn Stiftung wird das denkmalgeschützte Internatsgebäude aus dem Jahr 1896 einer geschichtssensiblen Nutzung zugeführt. Die Samsonschule war eine jüdische Freischule mit internationaler Ausstrahlung, die von 1786 bis 1928 bestand – und einen historisch authentischen Ort des Reformjudentums darstellt.
„Die Samsonschule war ein Ort jüdischer Bildung im Sinne des Reformjudentums, der junge Menschen zu aufgeklärten und selbstbewußten Bürgern erziehen wollte. Mit dem neuen Gedenk- und Begegnungsort wollen wir an diese Tradition erinnern, aufklären und zur gesellschaftlichen Verständigung beitragen –ganz im Geiste Moses Mendelssohns und Gotthold Ephraim Lessings“, sagt Dr. Elke-Vera Kotowski, Chefkuratorin der Moses Mendelssohn Stiftung, die das Ausstellungskonzept entwickelt hat und künftig für das Veranstaltungsprogramm in der Samsonschule verantwortlich zeichnet.
Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Weiterentwicklung von geeigneten Präsentationsformen und die Einbindung von jungen Menschen, Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden und Studierenden in die aktive Erinnerungs- und Gedenkarbeit.
Im Erdgeschoss wird in einem ehemaligen Klassenzimmer eine multimedial aufbereitete Dauerausstellung eingerichtet, die die Geschichte der Schule, ihrer Schüler und Lehrer sowie die Entwicklung des jüdischen Lebens in der Region Braunschweig-Wolfenbüttel dokumentiert. Ein zentraler Fokus liegt auf der europäischen Aufklärung und der Freundschaft zwischen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing, deren Ideale in Lessings in Wolfenbüttel entstandenen Werk „Nathan der Weise“ bis heute nachwirken. Die Stiftung Zukunftsfonds Asse war von diesem Ansatz überzeugt und fördert daher anteilig die Ausstattung.
Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Vorstand der Moses Mendelssohn Stiftung, betont: „Wir wollen mit dem Gedenk- und Begegnungsort Samsonschule nicht nur erinnern – wir wollen Debatten anstoßen, junge Menschen einbeziehen, historische Zusammenhänge erfahrbar machen. Es geht um nichts weniger als eine zeitgemäße Erinnerungskultur, die für Demokratie, Vielfalt und Verständigung wirbt.“
Die Ausstellung erstreckt sich über mehrere Bereiche des Hauses – vom Klassenzimmer über Flure und Treppenhaus bis in die ehemalige Aula im ersten Obergeschoss. Diese wird unter dem Namen „Emil Berliner Saal“ wiederhergestellt und künftig als Veranstaltungsraum für bis zu 100 Personen dienen. Emil Berliner (1851–1929), ehemaliger Schüler der Samsonschule, war Erfinder des Mikrofons und der Schallplatte und ein Pionier der modernen Audiotechnik. Im Jahr 2026 wird es eine große Veranstaltungsreihe aus Anlass des 175. Geburtstages von Emil Berliner geben. Der nach ihm benannte Saal soll regelmäßig kulturelle Veranstaltungen, Vorträge und Lesungen beherbergen und steht auch lokalen Initiativen zur Verfügung. Um den Denk- und Gedenkort einem möglichst bereiten Publikum als Begegnungsort zugänglich zu machen, wird zudem ein in Eigenregie betriebenes „Café Zunz“ eingerichtet, um bei Kaffee und selbstgemachten Kuchen die Begegnungen zu intensivieren und die Kommunikation zu fördern.
Sven Volkers, von der Stiftung Zukunftsfonds Asse, erklärt: „Das Projekt Gedenk- und Begegnungsort Samsonschule steht sinnbildlich für das deutsch-jüdische Kulturerbe und die Bildungslandschaft in unserer Region. Wir sehen hier eine große Chance, einen Ort des Lernens, Erinnerns und Miteinanders dauerhaft zu etablieren.“
Parallel entstehen im Gebäude 155 Wohnheimplätze für Studierende und Auszubildende, betrieben durch die FDS gemeinnützige Stiftung. Die Baumaßnahme wird über die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) öffentlich gefördert. Ein besonderer Fokus liegt auf einem partizipativen Vermittlungskonzept: Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner sollen aktiv in die Erinnerungsarbeit einbezogen werden – durch Mitwirkung an Projekten, Ausstellungen und Veranstaltungsformaten. Zur Vervollständigung der geplanten Ausstellung bittet die Moses Mendelssohn Stiftung um Exponate aus Privatbesitz, die den Alltag an der Samsonschule, das Miteinander mit der Stadtgesellschaft und die historischen Umbrüche erfahrbar machen. Gesucht werden insbesondere Objekte und Quellen, die individuelle Perspektiven beleuchten – sowohl aus jüdischer als auch aus nicht-jüdischer Sicht. Insbesondere die Beziehungen der Mehrheitsgesellschaft gegenüber der Schule und dem jüdischen Leben in Wolfenbüttel sind von großem dokumentarischem Interesse.
Beispielhaft gesucht werden:
- Fotos, Zeichnungen und Abbildungen der Samsonschule, ihrer Schüler, Lehrkräfte oder Schulalltagsszenen, auch im Kontext des städtischen Lebens.
- Tagebucheinträge, Briefe, Erinnerungen oder andere Egodokumente, die persönliche Eindrücke aus der Zeit an der Schule oder aus der Stadtgesellschaft überliefern.
- Gegenstände mit Bezug zur Samsonschule oder zu ehemaligen Schülern – etwa Bücher, Hefte, Schulutensilien, persönliche Erinnerungsstücke oder Fundstücke aus dem Umfeld des Gebäudes.
Quelle Text und Foto: Moses Mendelssohn Stiftung