Erfolgsstory 2020:

Till Eulenspiegel – eine Figur für jedermann

Bereits im 16. Jahrhundert wurde das erste Buch über ihn zum Bestseller

Heute ist er eine weltbekannte literarische Figur: Till-Eulenspiegel. Geboren wurde der Schelm angeblich um das Jahr 1300 in Kneitlingen. Ganz in der Nähe – in Schöppenstedt – befindet sich das Till Eulenspiegel-Museum. Dank der Unterstützung unter anderem der Stiftung Zukunftsfonds Asse mit einem Förderbetrag von 275.000 Euro konnte dessen innovatives museumspädagogisches Konzept mit besonderem Fokus auf eine barrierefreie Vermittlung der Inhalte gestaltet werden.

 

Schöppenstedt

Das Museum in Schöppenstedt vermittelt sein Angebot barrierefrei

Es handelt sich um ein Inklusionskonzept, bei dem die Auseinandersetzung aller Besucher und Benutzer mit der Außenseiterfigur niedrigschwellig ermöglicht wird

Till Eulenspiegel ist der wohl bekannteste Narr der Welt. Schon als Kinder lesen und lachen wir über die grotesken Streiche Till Eulenspiegels, die erstmals 1515 in einem Buch überliefert wurden. Autor könnte übrigens der Braunschweiger Zollschreiber Hermann Bote gewesen sein. Aber, Till ist nicht nur der gewitzte Schelm. In den 96 Historien, von denen viele bei uns in der Region spielen, zeigt sich: Er war auch ein Gauner, Bauernfänger und Zechpreller, der log und betrog – und vor allem mit den damaligen Fürsten und Geistlichen seinen Schabernack trieb. Dreimal ließ er sich taufen, einem Esel brachte er das Lesen bei und den Bäcker nahm er beim Wort, so dass Meerkatzen und Eulen aus dem Ofen kamen.

Wer seine Geschichten genauer unter die Lupe nimmt, stellt schnell fest: Till geht es nicht nur um Streiche an sich, er ist scharfsinnig, stellt sich absichtlich dumm und nimmt vieles wörtlich. Um auf diese Weise andere vorzuführen, ihnen den Spiegel vorzuhalten oder auch Missstände aufzudecken. Gerade die Vielschichtigkeit des Till Eulenspiegel macht die Figur so interessant und gibt ihr jede Menge Interpretationsspielraum und Ansätze zur Diskussion.

„Überraschen! Irritieren! Widersprechen!“

So lautet denn auch der Titel der Dauerausstellung des Till Eulenspiegel-Museums, die 2017 komplett neu und vor allem barrierefrei konzipiert wurde. Sie befasst sich mit all seinen, oft irritierenden Facetten und zeigt Bücher, Bilder, Denkmäler, Skulpturen, Filme und Alltagsgegenstände, die die Figur präsentieren. Das Museum beherbergt unter anderem die bedeutendste Sammlung von Büchern, die den Narren als ihren Titelhelden führen: insgesamt 2500 Stück. Das Besondere an der Ausstellung: Es handelt sich um ein Inklusionskonzept, bei dem die Auseinandersetzung aller Besucher und Benutzer mit der Außenseiterfigur niedrigschwellig ermöglicht wird. „Ob Menschen mit Handicap, Familien, Ältere oder solche mit spezifischen Bedürfnissen oder Migrationshintergrund – wir möchten alle ansprechen“, betont Museumsleiterin Charlotte Papendorf. „Barrierefreiheit bezieht sich daher nicht nur auf bauliche Voraussetzungen wie einen Fahrstuhl oder Behindertentoiletten, sondern vor allem auch auf die Vermittlung der Inhalte. So richtet sich die Ausstellung an alle Menschen, die ein besonderes Kulturerlebnis genießen möchten“, erklärt Dirk Neumann, Bürgermeister der Samtgemeinde Elm-Asse.

Wie sieht Barrierefreiheit ganz konkret aus?

Papendorf: „Wir haben uns viele Museen angesehen und uns an den Leitlinien für barrierefreie Museen orientiert. Vieles mussten wir aber selbst entwickeln, da der Inklusionsgedanke zum Zeitpunkt der Konzeption gerade erst populär wurde.“ Mit viel Ideenreichtum entstanden vielfältige Tools für eine bunte Besuchermischung. Audiostationen mit der Möglichkeit, dass auch Schwerhörige sie gut benutzen können. Ein Multi-Touch-Tisch oder Vitrinen, die auch für Rollstuhlfahrer unterfahrbar sind. Inklusionstrommeln, die Wissen in Englisch, leichter Sprache und Brailleschrift bieten. Texte, die nicht nur in leichter Sprache, sondern auch gut lesbaren Schriften verfasst wurden. Oder ein Multimedia-Guide in Form von Tablets. „Die Texte haben wir selbst geschrieben und anschließend vom Büro für leichte Sprache der Lebenshilfe in Braunschweig testen lassen“, so die Museumsleiterin.

Unterstützt wurde die Neukonzeption und Umgestaltung des Museums, dessen Träger die Samtgemeinde Elm-Asse ist, finanziell von der Stiftung Zukunftsfonds Asse sowie zusätzlichen Mitteln der Asse gGmbH und weiteren Stiftungen aus der Region und aus Niedersachsen.

Regionale Kultur bewahren – und erlebbar machen

Unterstützt wurde die Neukonzeption und Umgestaltung des Museums, dessen Träger die Samtgemeinde Elm-Asse ist, finanziell von der Stiftung Zukunftsfonds Asse sowie zusätzlichen Mitteln der Asse gGmbH und weiterer Stiftungen aus der Region und aus Niedersachsen. Aber auch viele Ehrenamtliche engagieren sich für das Till Eulenspiegel-Museum. Wie zum Beispiel Alexander Schwarz, ordentlicher Professor für Germanistik, als langjähriger wissenschaftlicher Berater. „Als Wissenschaftler interessiert mich natürlich vor allem der Umgang mit der Sprache. Deshalb möchte ich auch mit einem gängigen Missverständnis aufräumen, nämlich dass Till Eulenspiegel nur etwas für Kinder ist. Das ist er auch, aber eben längst nicht nur.“ Ein Team von sehr engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut – auch an Wochenenden und Feiertagen – die Öffnungszeiten des Museums. „Unter anderem ihnen ist es zu verdanken, dass wir den Museumsbetrieb in dieser Form aufrecht erhalten können“, unterstreicht Beate Maiberg, Fachbereichsleiterin in der Samtgemeinde Elm-Asse.

„Mit dem Inklusionsprojekt haben wir allen Menschen aus der Region die Tür zu unserem literarischen Museum weit geöffnet“, erklärt Charlotte Papendorf. „Die Beziehung zur Region ist für uns dabei besonders wichtig. Denn in den Geschichten des Eulenspiegel-Buches wird er als Kneitlinger Bauernjunge ebenso lebendig wie die Asseburg als Gerichtssitz für Kissenbrück in Konkurrenz zum Wolfenbütteler Herzogsschloss. Dieses Kulturerbe wollen wir nicht nur bewahren und erforschen, sondern auch allen vermitteln.“ Aber auch als attraktives Kultur- und Erlebnisangebot für die Region sei das Museum wichtig, so die Leiterin weiter. Darüber hinaus sei die Ausstellung auch ein Beitrag zur kritischen Informationsverarbeitung und rege zur Diskussion an. Papendorf: „Ein Prozess, der auch das Bewusstsein und Handeln im gesellschaftlichen Miteinander stärken kann.“ Und so ist jeder herzlich eingeladen, sich über Till Eulenspiegel sein eigenes Urteil zu bilden. Viel Spaß dabei!

 


Weitere Informationen

Kontakt

Till Eulenspiegel-Museum
Nordstraße 4a
38170 Schöppenstedt